Fotografischer Glücksfall mit der Sony RX100

Die Geschichte zum Foto: Fotografischer Glücksfall

SONY RX100 II im Test: Nachtaufnahme Karussell in Malaga. Copyright 2015 by Klaus Schoerner

Es ist Abend geworden im andalusischen Malaga, am Ende eines warmen Tages mit viel Sonne. Ich habe keine Lust auf mein Hotelzimmer und schlendere noch ein wenig die Hafenpromenade entlang, um etwas abendkühle Luft zu atmen. Die quirlige Stadt ist zur Ruhe gekommen. Die Geschäfte haben längst geschlossen. In einigen Restaurants sitzen noch die letzten Gäste. Zwei verspätete Jogger kommen mir entgegen, auf dem Rückweg von ihrem Lauf entlang der mehrere Kilometer langen Mole.

Ein ungewöhnliches, warmes Licht hinter dem kleinen Leuchtturm weckt mein Interesse. Als ich näher komme, sehe ich die Quelle des Lichtscheins: ein kleines, altmodisches Kinderkarussell, dessen Betreiber anscheinend vergessen hat, beim Weggehen das Licht auszuschalten. Weit und breit ist kein Mensch mehr zu sehen. Zu dieser späten Stunde schon gar keine Kinder, die sich für einen Ritt auf einem der bunt bemalten Holzpferde interessieren könnten. Und dennoch steht das Karussell da am Hafen, erstrahlt in voller Prachtbeleuchtung und ist bis auf ein paar defekte Glühbirnen in wunderschönem, detailverliebt gepflegtem Zustand. Das hat schon eine fast unwirkliche Anmutung, wie ein in die Moderne gebeamtes Relikt aus alter Zeit.

Ziemlich extreme Lichtverhältnisse für die RX100 II

Der Himmel im Westen ist noch nicht völlig dunkel, sondern zeigt einen zum Horizont hin heller werdenden, gleichmäßigen Verlauf, so dass sich die kleine Spitzkuppel des Karussels als Silhouette abhebt. Die brillant strahlende Beleuchtung umgibt das Karussell mit einer Lichtinsel vor der dunklen Hafenkulisse im Hintergrund. Schön. Das muss ich unbedingt fotografieren. Ein Glück, dass ich die RX100 und ein Ministativ dabei habe. Fast reflexartig hatte ich beim Verlassen meines Hotelzimmers die kleine Kamera und das Dreibein in die Taschen meines Sakkos gesteckt, obwohl ich eigentlich nicht damit rechnete, zu dieser Zeit noch etwas zu fotografieren.

 

Ziemlich extreme Bedingungen für eine Knipse mit so kleinem Sensor. Aber die beste Kamera ist nun einmal die, die man dabei hat, und nicht die, die im Hotelzimmer liegt. Glücklicherweise führen vor dem Karussell ein paar Stufen auf eine etwas erhöhte Plattform. Ich platziere Tischstativ und Kamera auf der höchsten Treppenstufe und erreiche dadurch einen besseren Blickwinkel auf das Karussell, als es vom Bodenniveau des Karussels aus möglich wäre. Gut, dass sich die Kamera komfortabel mit meinem Smartphone steuern lässt. Was ich sonst gern schon mal für Gruppenfotos nutze, bei denen ich selbst mit ins Bild soll, hilft mir nun, den Kameraverschluss verwacklungsfrei auszulösen. Die Kameraautomatik belichtet 1/8 Sekunde bei Blende 5 und ISO 400. Der Kameramonitor zeigt das aufgenommene Foto mit ausgefressenen Lichtern und abgesoffenen Schatten. Eine kleine Belichtungsreihe im Raw-Modus, mal sehen, was sich später am Rechner daraus machen lässt.

Test-Fall für die SONY RX100 II: Kleines Kinderkarussell bei Nacht am Hafen von Malaga. Copyright 2015 by Klaus Schoerner

Sensationell, was CAPTURE One aus der RX100 Datei rausholt

Am Rechner zeigt sich, dass die Belichtungsreihe nicht nötig war. Die ARW-Datei mit der von der Belichtungsautomatik der Kamera errechneten, unkorrigierten Belichtung enthält beachtliche Tonwert-Reserven. Problemlos bringt eine leichte Aufhellung der Tiefen mit dem Schatten-Regler Zeichnung in die dunklen Bildbereiche. Die in der Ursprungsdatei stark überstrahlten Lichter lassen sich mit dem Spitzlicht-Regler in gut abgegrenzte Lichtquellen und ansprechende Tonwerte in den hellen Bildpartien umwandeln. Das Farbspektrum des Fotos besteht fast nur aus stark gesättigtem Orange vor blau-schwarzem Hintergrund. Beim Reduzieren des Sättigungsgrads für den Gelb- und den Rotkanal stelle ich fest, dass das Foto gar keine Farbe braucht. Die Tonwerte und Verläufe gefallen mir in Schwarzweiss viel besser. Bei der Schwarzweiß-Umwandlung reduziere ich den Helligkeitswert für Cyan und Blau, um den zusammen mit den Tiefen aufgehellten Himmel wieder etwas abzudunkeln. Der Export nach PHOTOSHOP zwecks Korrektur der stürzenden Linien und finaler Schärfung erfolgt als 16-Bit-TIF-Datei. Finales Ausgabeformat ist ein 8-Bit-TIF, dessen lückenloses Histogramm nicht verrät, dass ich ziemlich massive Tonwertverschiebungen vorgenommen habe.

Test Sony RX100 II: Nachtaufnahme in 100%-Ansicht und Leuchtturm, Foto: Klaus Schoerner

Oben links: Die 100%-Ansicht des Karussell-Fotos oben zeigt eine noch gute Detailwiedergabe mit bemerkenswert geringem Rauschen.

Oben rechts: Eine aufgehellte Nachtaufnahme des Leuchtturms von Malaga. Links unten im Anschnitt das Karussell.

Die beste Kamera ist immer die, die man dabei hat

Dass diese Weisheit notfalls auch für eine Handy-Kamera gelten kann, zeige ich an anderer Stelle. Allerdings geraten Smartphones hinsichtlich der erreichbaren Bildqualität bei prekären Lichtverhältnissen wie Nachtaufnahmen schnell an ihre Grenzen, so dass man sich bei einem derartigen Motiv dann schon die Sinnfrage stellen muss. Die SONY RX100 II, die kaum größer ist als zwei flach aufeinander gelegte Smartphones, scheint mir da ein guter Mittelweg zu sein. Bildqualität, Rauscharmut und Tonwertreserven bei dem Karussell-Motiv sind beeindruckend. Klar hätte eine meiner größeren Bildmaschinen da wahrscheinlich noch mehr Detailschärfe und Skalierfähigkeit herausgeholt - aber die ausgewachsenen Kameras hatte ich aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts eben nicht mit dabei.

Copyright 2017 by Klaus Schörner / www.bonnescape.de


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