Test: Kompaktkamera vs. Iphone SE (Teil 1)
Bei der Produktion von Magazinen mit vielen Anzeigen erlebe ich immer wieder, dass der Verlag, für den ich tätig bin, zur Anzeigengestaltung von Kunden Bilder erhält, die für ein hochwertiges Druckergebnis nicht ausreichen. Der Blick in die Metadaten zeigt: Häufig wurden solche Fotos mit einem Smartphone aufgenommen. Ich nehme das heute mal zum Anlass für einen kleinen Test: Was leistet ein handelsübliches Handy im Automatikmodus an Bildqualität?
Heutzutage besitzt fast jeder eines: Smartphones zaubern Fotos aufs Display, die auf den ersten Blick kaum Wünsche offen lassen. Da liegt es nahe, den technischen Alleskönner auch generell als Kameraersatz zu verwenden, zumal man ihn im Gegensatz zur Kamera ja auch fast immer dabei hat. Der folgende, rein exemplarische Test vergleicht die Bildqualität eines aktuellen 4"-Smartphones mit der einer Kompaktkamera unter wechselnden Lichtbedingungen.
Meine neues IPHONE SE verfügt über eine 12 Mp-Kamera, kann 4K-Videos produzieren und ist zum Listenpreis von 539 € (Version mit 64 GB Speicher) erhältlich. Test-Partner ist meine drei Jahre alte SONY RX100 II, die Fotos mit 20,2 Mp Auflösung liefert, damals 749 € kostete und inzwischen zum Strassenpreis von knapp über 500 € zu bekommen ist. Warum die RX100? Der Vergleich scheint nicht ganz fair. Nun, die RX100 ist die Kompaktkamera, die ich aktuell verfügbar habe und häufig einsetze, weil sie für ihr umfangreiches Leistungsspektrum sehr kompakt gebaut ist. Ähnlich wie das IPHONE passt die RX100 in die Seitentasche eines Sakkos, so dass die Ergebnisse dieser Gegenüberstellung nicht durch die Aspekte Größe und Transportabilität überlagert werden. Fairerweise müssen wir die Leistung der Kamera allerdings etwas drosseln, um die Kontrahenten einigermaßen vergleichbar zu halten. Daher stelle ich im Kameramenü die Auflösung auf 10 Mp (2.592 x 3.888) ein, was der Smartphone-Auflösung näher kommt (3.024 x 4.023) und in der Praxis für die Mehrzahl der Fotos völlig ausreicht, und wähle analog zum Smartphone das Ausgabeformat jpeg. Da das Smartphone die Aufnahmeparameter Verschlusszeit, Blende, ISO-Wert und Weißabgleich vollautomatisch wählt, überlasse ich diese Einstellungen bei der Sony ebenfalls der Kameraautomatik. Das Smartphone verfügt über keinen optischen Zoom und kann ein "Ins-Bild-Zoomen" also nur digital erzeugen, was mit einem deutlichen Qualitätsverlust verbunden ist. Digital gezoomte Bilder zeigen einen Verlust an Kontrast, Brillanz und Detailwiedergabe, der umso gravierender ausfällt, je stärker der gewählte Vergrösserungseffekt ist. Aus diesem Grund verwende ich zum Vergleich der Bildqualität die Weitwinkel-Einstellung als Maßstab, die das IPHONE SE ohne Zoom liefert und die einer Brennweite von etwa 28 mm entspricht (äquivalent Kleinbild). Ich halte also fest, dass der nun folgende Vergleich unter für das Smartphone optimalen Voraussetzungen stattfindet, während die Kamera ein größeres Leistungsspektrum bietet als das, das hier abgefragt wird.
Test-Set 1: Außenaufnahme, klares, leicht sonniges Wetter
- Aufnahmewerte RX100: 1/160 Sek. bei Blende 4, ISO 160, Dateigröße 5,6 MB
- Aufnahmewerte IPHONE: 1/165 Sek. bei Blende 2,2, ISO 25, Dateigröße 4,2 MB
Zunächst fällt auf, dass die angegebenen ISO-Werte beider Geräte sehr unterschiedlich sind, während Verschlusszeit und Blende sich auf ähnlichem Niveau befinden. Tatsächlich sind die ISO-Werte in der Digitalfotografie eher relative, gerätespezifische Größen, die deutlich voneinander abweichen können.
Die Bildergebnisse zeigen ideale Lichtbedingungen für beide Aufnahmegeräte. Die Fotos sind brillant, detailscharf und zeigen eine natürliche, wenn auch nicht ganz identische Farbwiedergabe mit satten Schwarztönen. Das IPHONE zeichnet etwas wärmer und damit gefälliger. In der verkleinerten Gesamtansicht wirkt das IPHONE-Bild geringfügig schärfer, was auch an der durch den kleineren Sensor bedingten größeren Schärfentiefe liegt. Bei der für die Druckwiedergabe relevanten 100%-Ansicht am Monitor weist das Smartphone-Foto im Detail mehr Rauschen und geringere Kantenschärfe auf als das der SONY. Vereinzelt sind auch Artefakte zu erkennen. Artefakte werden durch die jpg-typische Komprimierung erzeugt, die beim Smartphone stärker zu sein scheint, um mit kleineren Bilddateien eine schnellere Performance zu erreichen. Immerhin erreicht das IPHONE trotz geringfügig höherer Auflösung eine um 25% kleinere Dateigröße. Bei einer Druckwiedergabe bis DIN A5 dürften diese Artefakte bei dem ansonsten technisch ordentlichen Foto jedoch kaum störend in Erscheinung treten.
Oben: Die SONY RX100 II zeichnet etwas kühler als das Smartphone.
Unten: Das Bildergebnis aus dem IPHONE SE fällt etwas wärmer aus und wirkt in geringer Abbildungsgröße schärfer, was auch an der höheren Schärfentiefe liegt, die der kleinere Sensor mit sich bringt.
Unten: Die 100%-Ansicht der beiden Fotos (links SONY, rechts IPHONE) zeigt einen Bildausschnitt vom linken Bildrand und bescheinigt der SONY trotz etwas weniger Pixeln eine bessere Detailzeichnung mit klareren Konturen.
Test-Set 2: Außenaufnahme, bedeckt, leicht schattig
- Aufnahmewerte RX100: 1/160 Sek. bei Blende 4, ISO 160, Dateigröße 6,1 MB
- Aufnahmewerte IPHONE: 1/297 Sek. bei Blende 2,2, ISO 25, Dateigröße 4,6 MB
Die Bildergebnisse bestätigen die Beobachtungen aus dem Test-Set 1. Das IPHONE zeichnet ohne manuelle Korrektur bei diesem Motiv etwas dunkler als die SONY. In der Vergrößerung zeigt sich, dass das IPHONE-Foto trotz der geringfügig höheren technischen Auflösung weniger Details der Backsteinwand abbildet als das Foto der Kontrahentin.
Oben: Das Foto der SONY RX100 II hat wiederum eine kühle Farbtendenz.
Unten: Die Automatik des IPHONE SE reagiert auf den großflächigen Himmel mit einer etwas zu knappen Belichtung.
Oben: In der 100%-Ansicht eines Ausschnitts vom linken Bildrand zeigt sich bei der SONY (links) eine zu geringe Bildschärfe
mit leicht eingeschränkter Detailzeichnung. Für das IPHONE-Foto (rechts) gilt dies in gesteigertem Maße. Es offenbaren sich gravierende Mängel in der Detailwiedergabe. Die Backsteinstruktur wird teilweise nicht mehr sauber abgebildet und von Farbflatschen mit impressionistischer Anmutung überlagert.
Unten: Im Bildzentrum bieten beide Geräte bessere Bildqualität mit ordentlicher Detailwiedergabe, wobei die Schärfe beim IPHONE-Foto (rechts) hinter der des SONY-Fotos zurückbleibt.
Teil 2 dieses Tests wird zeigen, wie sich die Bildqualität beider Aufnahmegeräte unter prekären Lichtverhältnissen, d.h. bei wenig Licht, Mischlicht und hohen Kontrasten, darstellt.
Copyright 2017 by Klaus Schörner / www.bonnescape.de
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Nico (Samstag, 15 Juli 2017 15:19)
Guter Anfang. Warte aber noch auf Teil 2. Wann gehts weiter?
VG
N.K.
Klaus (admin) (Samstag, 15 Juli 2017 20:57)
Hallo Nico,
(seit geraumer Zeit) schon fast fertig, aber ich hab's etwas verschleppt. ;-)
Ich setz mich nachher mal dran.
Danke fürs positive Feedback.