Never touch a running system
Offenbar hat mein Smartphone letzte Nacht ein Update seines Betriebssystems gefahren. Nicht, dass ich das gewollt hätte. Aber ich muss wohl irgendwann an irgendeiner Stelle durch einen versehentlichen Klick bestätigt haben, dass es das selbständig tun darf. Nun funktionieren zwei meiner meist genutzten Apps seit heute nicht mehr. Die zum Aufzeichnen der Jogging-Routen und – ärgerlicher – die Bluetooth-App für das Fernsteuern meiner Kameras. Wie ich lese, steht für diese Anwendungen kein Update zur Verfügung. Und auch an meine gespeicherten Daten komme ich nun nicht mehr ran. ...
Ich bin kein Gegner von Software-Updates. Nicht grundsätzlich. Updates können durchaus wichtig sein, um auf Angreifer aus dem Software-Äther wirksam zu reagieren, um die Sicherheit der Programme zu erhöhen und um die Grundlage für neue technische Möglichkeiten zu schaffen. Aber als Anwender software-gebundener Technik fühle ich mich zugleich als ihr Sklave, ständig getrieben vom Innovationsdruck, der – man ahnt es – nicht immer nur sicherheitsrelevanten Beweggründen folgt, sondern oft genug eine kommerzielle Maßnahme der Hersteller ist, um uns Anwender zu weiteren Geldausgaben zu nötigen.
Produktlebensdauer in der Wegwerfgesellschaft
Natürlich befreit uns der Kauf von Rechnern, Smartphones, Digitalkameras oder Software nicht dauerhaft von der Notwendigkeit, diese irgendwann zu ersetzen. Das war auch bei der guten alten Filmkamera schon so. Das Problem entsteht einerseits dadurch, dass die Lebensdauer derartiger Anschaffungen in unserer Wegwerfgesellschaft tendentiell abnimmt. Andererseits sind heute viele Geräte miteinander vernetzt. Und so sorgt der Austausch einer Komponente oft genug dafür, dass eine ganze Kette von anderen Dingen ebenfalls ersetzt werden muss, obwohl diese eigentlich noch intakt sind.
Innovationsdruck und böse Überraschungen
Der Innovationsdruck ist nicht unerheblich, wenn man Fotografie berufsmäßig einsetzt und um Wettbewerbsfähigkeit ringt. Dazu muss noch nicht einmal etwas kaputt gehen. Sei es die Sensorauflösung, die Arbeitsgeschwindigkeit, Tools für effizientere Postproduktion, bestimmte Objektive oder technische Hilfsmittel, oder schlicht die Kommunikationsfähigkeit aller Komponenten. Natürlich macht es auch Spaß, sich mit neuer Technik auseinanderzusetzen. Wenn es aber darum geht, bewährte Technik durch neue Elemente zu ergänzen, kann man sich nie sicher sein, ob in diesem komplexen Netzwerk aus Kameras, Rechnern, Scannern, Druckern, Treibern, Software-Anwendungen, Steuermodulen und Beleuchtung alles bis ins letzte Detail noch so funktioniert, wie man es von der vorherigen Konstellation kannte. Und da man die ganze Peripherie nicht ständig testen kann, wird einem ein Funktionsproblem oft genug erst dann bewusst, wenn man das betreffende Element beim nächsten Mal einsetzen möchte.
Welche Strategie ist die richtige?
Alles auf dem neuesten Stand halten? Jedes Update mitmachen? Hardware und Software sofort austauschen, sobald eine neue Produktgeneration auf den Markt kommt? Man wird schnell zum Technik-Nerd und wendet viel Zeit auf, um sich in neue Technik einzuarbeiten und diese funktionsfähig und kompatibel zu halten. Und am Ende beschäftigt man sich mehr mit der Technik als mit den Aufgaben, zu deren Erfüllung man die Technik angeschafft hat. Oder ist es vielleicht gerade diese kontinuierliche Beschäftigung mit der begleitenden elektronischen Technik, die den Beruf des Fotografen für Viele von uns reizvoll macht? Ist der elektronisch gesteuerte und datenvernetzte Weg zum Bildergebnis in der heutigen Zeit vielleicht einer der Gründe, warum wir das machen? Und ist der gegenläufige Trend der Rückkehr zum Analogen die Reaktion derer, die aus diesen Zwängen ausbrechen wollen? Gibt es eine realistische Möglichkeit der Verweigerung? Software-Updates vermeiden und die Hardware so lange nutzen, bis sie nicht mehr funktioniert, erst dann ersetzen und die Software-Peripherie nur soweit anpassen wie nötig, um die neue Technik zu betreiben?
Wie geht Ihr mit dieser Thematik um? Begeistert oder verweigernd? Oder habt Ihr einen für Euch stimmigen Mittelweg gefunden? Schreibt mir. Ich freue mich auf Eure Kommentare.
Copyright 2023 by Klaus Schörner / www.bonnescape.de
Abbildung erstellt mit KI/Midjourney
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Martin Reissow (Montag, 13 März 2023 10:22)
Begrenzt verweigernd, würd ich mal sagen. So weit das überhaupt geht. Man kann ja nicht mal Bankgeschäfte machen ohne modernes Handy. Aber dann muss ich nicht auch noch zig Apps haben. Bei Rechner und Kamera vermeide ich technische Netzwerke und den Betrieb von mehreren Geräten an einem Rechner. Ich hab Geräte aus ganz verschiedenen Generationen. Beispiel: Mein alter Scanner läuft per SCSI an einem eigenen alten Rechner. Wenn von den beide irgendwann was kaputt geht, wird's ausgetauscht, aber nur das, weil es keine Verbindung zu den anderen Teilen gibt. Bildbearbeitung mache ich mit LR und PS am Mac. Da ist nichts anderes drauf. Wenn ich updaten muss, wird nichts anderes beeinträchtigt. Bildtransfer passiert per SD. Falls Raw nicht gelesen wird, dann eben Tif. Das geht immer. An der Lebensdauer mancher Sachen kann ich nicht viel ändern. Ich kann aber eine Kette von Austausch vermeiden, wenn die Sachen für sich verwendet werden und nicht zusammenhängen.
Grüße
Martin
Marion B. (Montag, 13 März 2023 14:54)
Hallo,
man hat eh zu viel Zeug. Ich reduziere auf das Nötige. Jedes Tool, an das man sich gewöhnt, schafft irgendwann Abhängigkeit. Auf eine Vernetzung dieser Geräte möchte ich aber nicht verzichten. Rückkehr zum USB-Stick, unvorstellbar. Daher im moderaten Umfang Updates, aber nicht um jeden Preis.
LG, M.
Herr Heinrich (Donnerstag, 16 März 2023 10:04)
Bei meinem Rechner, Drucker, iPhone, Scanner habe ich bei der Software alles auf automatische Updates gestellt. Bei der Kamera mache ich es sobald neue Firmware angeboten wird. Wenn es indirekt eine höhere Intelligenz gibt, die dafür sorgt, dass alles zusammen funktioniert, dann nennt die sich Marktwirtschaft. Die Hersteller haben ein kommerzielles Interesse daran, dass aktuelle Dinge zusammen funktionieren. Geht das bei einem Element nicht mehr, dann wechsel ich es aus. Ist zugegeben manchmal blöd, geht aber nicht anders. Die Technik muss funktionieren.
Bruno (Sonntag, 19 März 2023 10:39)
Schöne, vielseitige Internetseite. Ich bin, wo es irgendwie geht, unvernetzt. Ein Handy nur zum telefonieren. Keine Apps. Telebanking statt online. Fotografieren fast nur analog. Software am Rechner natürlich, aber nur das Nötigste, auf einem einzigen Rechner, regelmäßig gesichert. Bei den einzelnen Elementen spare ich nicht, es sind aber weniger. Die Innovationsspirale mach ich nicht mit. Bin allerdings kein Berufsfotograf, sondern Rentner.
Schöne Grüße
Bruno
B.Servicer (Montag, 20 März 2023 09:14)
@Herr Heinrich: "Die Hersteller haben ein kommerzielles Interesse daran, dass aktuelle Dinge zusammen funktionieren."
na ja. da bin ich nicht so sicher. Die haben ein kommerzielles Interesse daran, uns möglichst viel möglichst teuer zu verkaufen.
Klaus (admin) (Donnerstag, 23 März 2023 19:42)
Möglicherweise muss man da zwischen rahmengebender Software (z.B. Betriebssysteme) unterscheiden und Anwendungen, die mit anderen Produkten konkurrierend bestimmte Aufgaben erfüllen sollen. Bei Letzteren würde ich ein kommerzielles Interesse der Anbieter an der Funktionsfähigkeit schon annehmen wollen.
B.ing. (Dienstag, 05 Dezember 2023 10:58)
Ich verstehe den Frust über unerwünschte Software-Updates vollkommen. Manchmal können Updates zu Problemen führen, besonders wenn es um die Kompatibilität mit anderen Programmen oder mit dem System selbst geht.
Trotzdem ist es wichtig, dass Betriebssysteme und Apps auf dem neuesten Stand sind, um Sicherheitslücken zu schließen und neue Funktionen bereitzustellen. Aber es kann zu Problemen kommen, wenn sich verschiedene Teile des Systems nicht miteinander vertragen.
In solchen Fällen empfehle ich, zunächst zu prüfen, ob es Patches oder Lösungen für die aktuellen Probleme gibt. Manchmal sind es nur vorübergehende Schwierigkeiten, die mit einem weiteren Update behoben werden können.
Wenn es allerdings zu schwerwiegenden Problemen kommt, kann es hilfreich sein, sich an den Kundensupport des Geräteherstellers oder an die Software-Entwickler zu wenden. Sie können oft spezifische Schritte zur Fehlerbehebung oder sogar Rollbacks auf eine frühere Version anbieten.
In jedem Fall ist es wichtig, dass die Entwickler Feedback erhalten, um die Qualität zukünftiger Updates zu verbessern. Also, wenn ihr auf Probleme stoßt, zögert nicht, sie zu melden!